Rituale und Maskentanz bei den Dogon in Mali

Von 2000 bis 2002 lebte ich in Bandiagara/Mali, dem Verwaltungssitz der Dogon-Region, und hatte Gelegenheit, an vielen Maskentänzen zu Ehren der Verstorbenen teilzunehmen. Die Maskentänzen haben aber ebenso Unterhaltungscharakter und werden schon seit der Kolonialzeit auch anlässlich des Besuchs hochgestellter Persönlichkeiten organisiert. Heutzutage nehmen diese Tänze einen zentralen Platz im Touristenprogramm ein und sind zum Aushängeschild der Dogon-Kultur insgesamt geworden. Die Dogon inszenieren sich für die Touristen, sind aber selber auch sehr stolz auf ihr kulturelles Erbe. Realität, Projektionen, Fiktion, Show und Geheimnis verschmelzen und lassen sich nicht mehr leicht voneinander unterscheiden.

Die Dogon in Mali

Wikipedia: The Dogon are an ethnic group living in the central plateau region of the country of Mali, in Western Africa, south of the Niger bend, near the city of Bandiagara, in the Mopti region. The population numbers between 400,000 and 800,000.

The Dogon are best known for their religious traditions, their mask dances, wooden sculpture and their architecture. The past century has seen significant changes in the social organization, material culture and beliefs of the Dogon, partly because Dogon country is one of Mali's major tourist attractions.

Die Dogon-Masken im Kontext der Totenfeiern

Bei den Dogon spielt der Tanz - mit Masken im Fall der Männer – im Kontext des Todes eine große Rolle. Die Tänzer sichern der Seele des Verstorbenen einen gesicherten und ehrenvollen Übergang ins Reich der Toten. Auch wenn der Tanz hier eine religiös-rituelle Funktion erfüllt, so schwingt dennoch auch immer die sinnliche Komponente mit, und es gibt Raum für improvisiertes Theater und Komik – als Entlastung für den psychischen und sozialen Stress. Die Zuschauer, früher waren nur Männern die aktive und passive Teilnahme erlaubt, beurteilen die technische Ausführung des Tanzes und die ästhetische Qualität des Ausdrucks, so dass auch tatsächlich eine Konkurrenzsituation entsteht. Das Thema des Todes wird in eine Jagdszene zwischen bewaffnetem Jäger und Beutetier übersetzt, die Möglichkeiten zu individuellem Theaterspiel bietet und als humorvolle Szene zwischen zwei gleich starken, listigen und konkurrierenden Partnern gedacht ist. Der Jäger als der bekannte und feststehende Sieger hat mit einem intelligenten Tier zu kämpfen, das sich über ihn lustig macht, ihm Fallen stellt und ihn täuscht – ein kleiner Trost für den Menschen, der sich der Notwendigkeit des Todes beugen muss.

 


Die Dogon-Frauen beim Tanz

 

 

Komplementär zu dem Tanz der Männer thematisiere ich auch die Rolle der Frauen als Sängerinnen, dezente, im intimen, räumlich geschlossenen Kreis auftretende Tänzerinnen, als Zuschauerinnen. Mit ihren Händen schwingen sie einen Kalebassenlöffel, der als Symbol der Fruchtbarkeit verstanden wird und im Alltag ein multifunktionales Hilfsmittel insbesondere in der Küche darstellt. Als Gebärende verkörpern sie die Antipoden des Todes. In der gebrochenen Kalebasse wird das zerstörte Leben nachgebildet.

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Historische Fotografien der Masken-Tänze

 Sinnlich-formale Inspirationsquelle für meine Bilder sind u. a. auch historische Fotografien der französischen Ethnologen, die ab den 30er Jahren dort intensiv und in großer Anzahl geforscht haben. Die spröden, technisch sehr mangelhaften schwarz-weiß Fotos dieser Zeit, die in gewisser Weise die spartanische Lebensweise der Dogon fortführen, stehen in starkem Kontrast zu den grellen, lustvollen Farbaufnahmen, die heutzutage von der Tourismuswerbung und den Kunstbüchern in Umlauf gebracht werden. Kurioserweise stimmt aber beides. Auch in meinen Bildern gehe ich beiden Sichtweisen nach.

 

 

Die Bilder reflektieren die Methoden der Abbildung, der Wiedergabe, den Blick auf das Fremde, unsere/meine Suche nach Exotik.

Die kanaga-Maske

Unter der Vielzahl der bei den Dogon gebräuchlichen Masken habe ich eine spezielle herausgesucht, da sie die spektakulärste ist und auch von den Dogon selbst wegen der Eleganz des dazu gehörigen Tanzschrittes besonders geliebt wird. Die kanaga-Maske ist zum Symbol der Dogon-Kultur schlechthin geworden und krönt als Ikone jegliche Tourismuswerbebroschüren und Reiseführer. In meinen Bildern ist implizit auch diese Ambivalenz von authentischer Kultur und Folklore, Vermarktung, Selbst-Exotisierung enthalten, zum Teil meine ich die Maske als wahrhafte Abbildung vermeintlich authentischer Kultur, zum Teil spiele ich aber auch mit dem Symbol, so wie die Dogon auch die Außenwirkung ihrer Kultur immer im Bewusstsein tragen.